Museum im alten Zeughaus
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Kommunale Infrastruktur in Altneudörfl

Das Gemeindewohnhaus in Altneudörfl, in welchem sich das Kühlhaus, die Badegelegenheiten und die Waschküche befanden, September 2022. Foto: MiaZ
Das Gemeindewohnhaus in Altneudörfl, in welchem sich das Kühlhaus, die Badegelegenheiten und die Waschküche befanden, September 2022. Foto: MiaZ

„Wenn alles im Leben so gut laufen würde wie in unserem Kühlhaus, wäre die Welt in Ordnung“, bemerkte einst die Altneudörflerin Aloisia Drexler. Sie war es, die den Anstoß zur Einrichtung einer Tiefkühlgemeinschaft im Dorf gab. Bei einer Fortbildung der Landwirtschaftskammer, an welcher sie Anfang der 1950er Jahre teilnahm, wurde sie auf die Einrichtung von Gemeinschaftskühlanlagen aufmerksam. Mit einigen Interessierten aus dem Ort ging sie deshalb auf Exkursion, um solche Projekte genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Vorteil solcher Einrichtungen lag auf der Hand, es dauerte nicht lange und im Altneudörfler Gemeindewohnhaus mit der Hausnummer 54 wurde eine Kühlanlage errichtet. Josef Drexler, ehemaliger Gemeinderat der Gemeinde Radkersburg Umgebung und Sohn von Aloisia Drexler, berichtet, dass seine Mutter schon immer sehr fortschrittlich dachte und für sie und viele andere auch die Errichtung dieser Anlage und der daraus resultierenden Folgen einer kleinen Revolution glich: Plötzlich konnte man das ganze Jahr über „frisches“ Fleisch konsumieren. Natürlich noch immer in Maßen, denn Fleisch kam zu jener Zeit eher selten auf den Tisch, aber es war nun unabhängig von der Jahreszeit möglich. Außerdem war mit dem großzügigen und gut ausgestatteten Arbeitsbereich im Vorkühlraum die Verarbeitung des Fleisches wesentlich praktischer als zu Hause. 

Eingang zum Tiefkühlraum, Juli 2022. Foto: MiaZ
Eingang zum Tiefkühlraum, Juli 2022. Foto: MiaZ
Hackstock im Vorkühlraum, Juli 2022. Foto: MiaZ
Hackstock im Vorkühlraum, Juli 2022. Foto: MiaZ
Die Mitglieder der FF Altneudörfl, Franz Lustinger und Robert Hammler vor dem Eingang zum ehemaligen Kühlhaus, Juli 2022. Foto: MiaZ
Die Mitglieder der FF Altneudörfl, Franz Lustinger und Robert Hammler vor dem Eingang zum ehemaligen Kühlhaus, Juli 2022. Foto: MiaZ


Wenn man die Statuten der Kühlgemeinschaft Altneudörfl liest, fällt auf, dass mehrmals darauf hingewiesen wird, mit dem Strom sparsam umzugehen. Das Entnehmen von Gefriergut und das Befüllen der Kühlfächer solle raschestens von Statten gehen, um „unnötigen Stromverbrauch zu verhindern“.

Im Gemeindehaus wurden außerdem zur selben Zeit zwei weitere wichtige Einrichtungen, die der Dorfgemeinschaft zu Gute kamen, installiert: eine große Waschküche mit einer Waschmaschine sowie ein Bereich mit zwei Badewannen und einer Dusche. 

Satzungen der Tiefkühlgemeinschaft Altneudörfl, 18. Jänner 1958.
Satzungen der Tiefkühlgemeinschaft Altneudörfl, 18. Jänner 1958.


Damit alles in geordneten Bahnen verlaufen konnte, musste man sich natürlich anmelden. Für einen reibungslosen Ablauf im Kühlhaus sorgten neben Frau Drexler auch Gemeindesekretär Kurt Machne mit seiner Familie sowie Frau Maria Leitzinger, die vor allem für die Organisation des Wäschewaschens und der Körperpflege zuständig war. Einer, der in seiner Jugend öfter zum Duschen kam, war der Altneudörfler Adolf Irzl, Jahrgang 1954: „1963/64, also wie ich so 10 Jahre alt war, war ich im Gemeindehaus duschen. Viele waren dort, die zu Hause keine Wasserleitung und kein Badezimmer hatten.“

Frau Maria Leitzinger (Dame mit Brille) schupft den Kaffeestand vor dem Gemeindewohnhaus im Rahmen der Schlauchbootweihe der FF Altneudörfl und schenkt LH Stellvertreter Franz Wegart ein Lächeln, 1974. Foto: FF Altneudörfl
Frau Maria Leitzinger (Dame mit Brille) schupft den Kaffeestand vor dem Gemeindewohnhaus im Rahmen der Schlauchbootweihe der FF Altneudörfl und schenkt LH Stellvertreter Franz Wegart ein Lächeln, 1974. Foto: FF Altneudörfl


Das Wäschewaschen wurde mit der Erfindung der Waschmaschine wesentlich einfacher. Trotzdem konnte es sehr lange dauern, bis die Wäsche sauber, trocken und gebügelt nach Hause gebracht werden konnte. Besonders viel zu tun hatte beispielsweise Frau Frieda Maitz, die mit ihrem Mann das bekannte Gasthaus Maitz führte. Bis die weißen Tischtücher kastenfertig waren, konnten Stunden vergehen. Auch wenn sich die Begeisterung für den Waschtag bei manchen Frauen in Grenzen hielt, gab es zumindest eine Person, die sich auf diesen im Altneudörfler Gemeindehaus freute, das war Kurt Maitz, heute Arzt im Landeskrankenhaus Bad Radkersburg: „Ich habe mich immer auf den Waschtag meiner Mutter gefreut. Ich wusste, das konnte lange dauern. Hinter dem Gemeindehaus habe ich mit den Kindern bei den Teichen gespielt. Dann bin ich zum nahe gelegenen Gasthaus Marbler gegangen und habe mir ein Kracherl kaufen dürfen. Eine herrliche Zeit!“

Die FF Altneudörfl vor dem Gemeindewohnhaus im Rahmen eines Wettbewerbs, um 1960. Foto: FF Altneudörfl
Die FF Altneudörfl vor dem Gemeindewohnhaus im Rahmen eines Wettbewerbs, um 1960. Foto: FF Altneudörfl


Heute sieht man von der Waschküche und den Dusch- und Badegelegenheiten im Gemeindehaus nichts mehr. Das ehemalige Kühlhaus gibt es nach wie vor und hat nun die Funktion eines Lagers für die FF Altneudörfl, deren Rüsthaus gleich nebenan steht. Übrigens wurde die FF Altneudörfl als jüngste Feuerwehr der neun Dörfer der ehemaligen Gemeinde Radkersburg Umgebung am 9. Februar 1955 gegründet, aber das ist eine andere Geschichte.


Text: Beatrix Vreča