Museum im alten Zeughaus
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Eine Sammlung geht online. Die Ansichtskartensammlung von Ferdinand Filipic

Nachdem der Radkersburger Malermeister i.R. Herr Ferdinand Filipic 2019 verstorben war, ging der Stadt eine große Quelle des Wissens verloren. Filipic hatte nicht nur gute Kenntnis über die Geschichte der Stadt Bad Radkersburg, sondern er war auch ein leidenschaftlicher Sammler. In zahlreichen Ausstellungen und Publikationen ließ er uns an seinem Wissen teilhaben. Bei der Lösung so mancher historischen Frage wie auch durch die zur Verfügungstellung von Fotografien und Objekten hatte er das Museum im alten Zeughaus unterstützt. Ferdinand Filipics Witwe Gerda und ihre Kinder Andrea und Gernot haben seine Sammlung an Ansichtskarten und zahlreiche Fotos sowie Schriftstücke von historischem Wert im Jahr 2020 dem Museum und somit der Stadt Bad Radkersburg überlassen. 

Im diesjährigen Stadtjubiläumsjahr möchte das Museum im alten Zeughaus Ihnen einen Einblick in die großartige Sammlung, die insgesamt 1053 Postkarten umfasst, geben. Wir stellen dafür jede Woche ein Ansichtskartenmotiv mit einer Kurzbeschreibung online. 

Im Herbst wird es zu diesem Thema eine Ausstellung im Zehnerhaus geben und die Präsentation eines Projekts, das wir aktuell in Kooperation mit unserem ehemaligen Fachpraktikanten Florian Lamminger durchführen. Dieser beschäftigte sich in seiner Masterarbeit mit dem Titel 'Opening the Vault: Retrieving and Publishing Digital Museum Data' eingehend mit der Digitalisierung und Online-Veröffentlichung von Museumsdaten. Am Beispiel des Museums im alten Zeughaus und der Ansichtskartensammlung zeigte er, wie vorhandene digitale Museumsdaten zugänglich gemacht und publiziert werden können.


Verlag F. Weitzinger, Radkersburg: „Radkersburg (Steiermark) Hauptplatz“. Gelaufen am 7. 11. 1918 von Radkersburg nach Graz. Sammlung Ferdinand Filipic, MiaZ.
Verlag F. Weitzinger, Radkersburg: „Radkersburg (Steiermark) Hauptplatz“. Gelaufen am 7. 11. 1918 von Radkersburg nach Graz. Sammlung Ferdinand Filipic, MiaZ.

Die Ansichtskarte „Radkersburg (Steiermark) Hauptplatz“ lässt uns über den Hauptplatz in Richtung Langgasse blicken. Ihre Entstehungszeit liegt um 1900, ihr Verleger war Ferdinand Weitzinger aus Radkersburg. Das Bild zeigt ein einzigartiges Gebäudeensemble im Herzen der Stadt. Der Platz ist geprägt von zwei- und dreigeschoßigen Gebäuden, die Zeugnis vom einstigen Reichtum der Handelsstadt geben. Zahlreiche Bäume sorgen für eine natürliche Beschattung. In der Mitte des Platzes ist die barocke Mariensäule erkennbar, die an die Pestepidemie 1680 erinnert. Apropos Pandemie, ein kleines Zitat vom Verfasser:

„…Hast du die spanische Krankheit schon gehabt? Ich habe wieder Augenweh. Der Ida geht es ganz gut. Sie geht schon spazieren. Herzliche Grüße von der Schwester…“



Verlag F. Semlitsch, Radkersburg, Fot. S. Frank, Graz 1917-16: „Radkersburg – Partie am Stadtgraben“, nicht gelaufen. Sammlung Ferdinand Filipic, MiaZ.
Verlag F. Semlitsch, Radkersburg, Fot. S. Frank, Graz 1917-16: „Radkersburg – Partie am Stadtgraben“, nicht gelaufen. Sammlung Ferdinand Filipic, MiaZ.

Stadtpfarrkirche, Rathausturm, den Turm der Frauenkirche sowie den mittelalterlichen Wehrturm beim sogenannten Palais Herberstorff. Noch heute bietet sich dieser herrliche Blick beinahe unverändert. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man einen Barockpavillon zwischen Rathausturm und Frauenkirchenturm auf der Pfaffenbastei. Dieser wurde in den 1950er Jahren abgetragen. Die Befestigungsanlage mit Grüngürtel, der ehemalige Wassergraben, ermöglichen den nötigen Abstand, um diese einzigartige Schönheit wahrzunehmen.



Verlag Johann Simonitsch, Radkersburg: „Gruß aus Radkersburg Steiermark“, gelaufen am 24. 6. 1899 von Radkersburg nach Tüffer. Sammlung Ferdinand Filipic, MiaZ.
Verlag Johann Simonitsch, Radkersburg: „Gruß aus Radkersburg Steiermark“, gelaufen am 24. 6. 1899 von Radkersburg nach Tüffer. Sammlung Ferdinand Filipic, MiaZ.

Die Ansichtskarte „Gruß aus Radkersburg Steiermark“ ist eine Mehrmotivkarte. Die Absender haben sich auf der Vorderseite mit Unterschrift verewigt und schicken am 24. Juni 1899 dem „ehrenhaften Fräulein Käthe“ diese drei schönen Radkersburger Ansichten nach Laško/Tüffer. Der Ort befindet sich heute in Slowenien, seinen Ortsname trägt die bekannte Bierbrauerei, entstanden 1817. Das Thermalwasser wurde dort bereits seit 1852 genutzt, im traditionsreichen „Kaiser Franz Josef Bad“. Apropos Thermalwasser, zurück zu Radkersburg und den drei Motiven auf der Karte: zu sehen ist links oben die Langgasse mit dem Hotel Kaiser von Österreich und dem Rathausturm, das Wahrzeichen der Stadt. Das zweite Motiv gewährt uns einen „grenzenlosen“ Blick vom südlichen Murufer aus auf die beschauliche Stadt Radkersburg und schließlich ist der mit Bäumen gesäumte Hauptplatz mit Mariensäule Teil dieser kunstvoll gestalteten Ansichtskarte aus dem Verlag Johann Simonitsch, Radkersburg.



Kein Verlag, kein Datum, vermutlich entstand sie um 1910. Gelaufen von Bad Radkersburg nach Radenci/Bad Radein.
Kein Verlag, kein Datum, vermutlich entstand sie um 1910. Gelaufen von Bad Radkersburg nach Radenci/Bad Radein.

Diese Ansichtskarte aus längst vergangenen Tagen schicken wir all jenen, die sich mit den aktuellen Temperaturen etwas schwer tun. Aus der mit Schnee bedeckten eindrucksvollen Radkersburger Dachlandschaft ragen die Türme der Stadtpfarrkirche, des Rathauses und der Frauenkirche hervor. Auch die im Jahr 1910 errichtete Kavalleriekaserne ist links hinter der Kapuzinerkirche ganz rechts im Bild zu sehen. Im Hintergrund mittig erscheint das 1898 erbaute Landeskrankenhaus. Der Poststempel auf der Rückseite ist so schwach, dass man das Datum der Sendung nicht erkennen kann. Auch der Verleger scheint nicht auf, vermutlich entstand sie um 1910. Die Botschaft des Absenders ist klar: „Draussen regnet es, ich sitze aber im Wirtshaus mit einem Glas Wein und fühle mich wohl.“ Der Aufgabeort ist Radenci/Bad Radein, heute in Slowenien, welches schon lange vor Bad Radkersburg ein bekannter Kurort war. Ja, es hat sich seitdem viel verändert, das Klima, die Grenzen und noch so vieles mehr. Das Strecken von Wasser aus gesunden Heilquellen mit heimischem Wein ist allerdings eine Tradition, die seit langem gepflegt wird.



Verlag F. Weitziner, Radkersburg: „Radkersburg. (Steiermark). Hauptplatz.“ gelaufen am 24. 12. 1916, von Radkersburg nach Pula.

Diese Ansichtskarte wurde mit Weihnachtswünschen als Feldpost im Dezember 1916 von Radkersburg nach Pula geschickt. Zu den Wünschen kommt noch die Bemerkung, dass „Bier selten, dafür mehrere Weine“ vor Ort vorhanden wären. Zu viel Wein hatten die betrunkenen Männer der SHS-Militärpolizei am 10. März 1919 wohl auch intus, als sie das Denkmal Josefs II. stürzten. Das ist zumindest aktenkundig. Das Denkmal war 1902 auf dem Radkersburger Hauptplatz unter Bürgermeister Oswald Edler von Kodolitsch errichtet worden. Ein Eisenbein und die Beschriftungstafeln blieben erhalten. Das Bein ist im Museum ausgestellt, die Tafeln sind im Eingangsbereich des Rathauses zu finden und die Jahreszahl 1919, die uns an dieses Ereignis in der Zeit der Besetzung der Stadt erinnern soll, war in das Pflaster des Hauptplatzes genau an der Stelle, wo sich das Denkmal befand, eingelegt. Aktuell wird der Hauptplatz saniert. Die Jahreszahlen 1919, 1600 und 1945, die als Teil des Konzepts der Hauptplatz-Neugestaltung Ende der 1950er Jahre unter Bürgermeister Alfred Merlini verlegt worden waren, werden in Zukunft an ihren alten Positionen zu finden sein. Was es mit 1600 und 1945 auf sich hat, erfahren Sie nächste Woche.



Kein Verlag: „Russendenkmal am Hauptplatz“, Winter 1945/46, nicht gelaufen. Sammlung MiaZ.

Wie letzte Woche in dieser Reihe angekündigt, widmen wir uns einer weiteren Jahreszahl, die in den 1950er Jahren im Zuge der Altstadtsanierung in der Pflasterung verewigt wurde: 1945. Sie steht für das am Radkersburger Hauptplatz errichtete und 1958 auf den Grazertorplatz verlegte Denkmal der sowjetischen Besatzung. Interessant ist, dass das Denkmal – wie auch das sogenannte „Russendenkmal“ am Schwarzenbergplatz in Wien – unter dem Schutz des Österreichischen Staatsvertrages steht. Die drei übergroßen Soldaten wurden vom Grazer Künstler Wilhelm Gösser modelliert. Das wuchtige Denkmal stand direkt vor der Mariensäule. Nach zähen Verhandlungen mit der russischen Botschaft in Wien erreichte Bürgermeister Alfred Merlini Mitte Juni 1958, dass das Denkmal abgetragen und in verkleinerter Form am Grazertorplatz wiedererrichtet werden konnte. Übrigens fiel die Steiermark durch das Abkommen der Besatzungszonen zwischen den alliierten Siegermächten vom 9. Juli 1945 in die britische Besatzungszone. Am 24. Juli 1945 trafen die ersten englischen Soldaten in Radkersburg ein. Die Temperaturen zur Zeit der Aufnahme dürften den aktuellen ähnlich gewesen sein.